29.12.2020 – die Chronologie des A1-Wahnsinns

...wie es zur Abschaltung eines Dorfes kam

Chronologie:

2018 wird der Vertrag zur Nutzung des Standorts von den Eigentümerinnen unter Berücksichtigung einer zweijährigen Vorlaufzeit zum Ende 2020 gekündigt.

Im September 2019 reagiert A1 und bestätigt den Kündigungstermin mit Ende 2020.

Im selben Jahr gründet A1 gemeinsam mit T-Mobile (nunmehr Magenta) eine ARGE zur Verlegung des Sendestandorts. Ins Auge gefasst wird eine Beteiligung am Sendemast von Drei, der an der Hügelflanke beim Gowina steht.

Während des Jahres 2020 erinnern die Eigentümerinnen A1 mehrfach an den bevorstehenden Kündigungstermin, da sie seit der Annahme der Kündigung 2019 von A1 nichts mehr gehört haben.

Am 16.12.2020 reicht die ARGE aus A1 und Magenta bei der Gemeinde die Montage der Sendeeinheiten am Mast von Drei baubehördlich ein, obwohl dies nicht nötig ist, da kein neuer Mast errichtet wird. Das wird der ARGE umgehend von der Gemeinde schriftlich mitgeteilt.

Am 17.12.2020 montiert A1 die kompletten Komponenten der Sendeanlage am bisherigen Mast ab und schaltet die Versorgung somit ohne Vorwarnung ab.

Über das Wochenende versucht die Gemeinde mehrfach, die offensichtliche Störung der Anlage bei A1 zu melden. Diverse Service-Hotline-Mitarbeiter*innen geben die Störungsmeldungen im System ein. Reaktion erfolgt keine.

Am 20.12.2020 gelingt es der Gemeinde herauszufinden, dass es sich beim Ausfall des A1-Netzes im gesamten Gemeindegebiet nicht um eine Störung handelt, sondern dass der Sender absichtlich abgeschaltet wurde. Auf Nachfrage bei A1 erreicht die Gemeinde weiterhin nur Service-Hotline-Mitarbeiter*innen, die die Abschaltung als bereits länger geplant in ihren Systemen haben. Dass keinerlei Ersatzsender zur Verfügung steht ist dort bekannt.

Am 21.12.2020 wird die Landeswarnzentrale von der Gemeinde über den Umstand der absichtlichen Abschaltung in Stanz informiert. Die Landeswarnzentrale hält die Situation ebenso wie die Gemeinde für sicherheitsrelevant bedenklich, reagiert sofort und versucht über ihre Kanäle eine Stellungnahme von A1 zu erreichen.

Der von der Landeswarnzentrale verständigte Zuständige bei A1 fährt noch am selben Tag zum Sendemast in die Stanz und muss überrascht feststellen, dass die Anlage tatsächlich abgebaut wurde. Dies schien A1-intern gar nicht bekannt gewesen zu sein.

Im Lauf des 21.12.2020 wird der Gemeinde bekannt, dass A1-intern Techniker schon seit Monaten vor dieser Situation warnten, es jedoch offensichtlich verabsäumt wurde, rechtzeitig für einen tauglichen Ersatzstandort zu sorgen. Die Gemeinde informiert von diesen abenteuerlichen Zuständen zwei Vorstände der A1.

In Kopie ergeht diese Information auch an die Medien. Die Kleine Zeitung reagiert sofort mit einem Online-Artikel über den Totalausfall von A1 in der Stanz. Auch in der Kronenzeitung erscheint ein Artikel. A1 nimmt zu diesen Zeitungsartikeln Stellung und bedauert die Umstände, leider sei „ohne Wenn und Aber“ gekündigt worden und weiters arbeite man an einer schnellen Lösung für die Stanz.

Als Reaktion auf die lapidare Stellungnahme in den Medien urgiert der Bürgermeister erneut per Mail bei beiden Vorständen der A1, wobei er klar feststellt, dass die Stellungnahme gegenüber den Medien nicht richtig sei.

A1 habe nachweislich seit 2018 Kenntnis von der Kündigung des Vertrags. Weiters sei die Kündigung nicht „ohne Wenn und Aber“ erfolgt, sondern bestehe nach wie vor Bereitschaft der Eigentümerinnen, einer Zwischenlösung bis zur Inbetriebnahme des neuen Standorts zuzustimmen. Dies sei von A1 jedoch nicht versucht worden, sondern sei vielmehr die Anlage quasi über Nacht abmontiert worden. Auch sei von A1 keineswegs alles unternommen worden, um zu einer raschen Lösung des Problems zu kommen. Der Umstand, dass man seit mindestens 2018 vom Auslaufen des Vertrags wusste und einen Tag vor der Abschaltung eine Baueinreichung durchführte, von der klar sei, dass sie nicht nötig ist, erscheint jedenfalls merkwürdig.

Man kann durch die irreführende Stellungnahme der A1 auch zum Schluss kommen, dass versucht wird, das Verschulden für die Abschaltung auf Dritte abzuwälzen.

Am Abend des 21.12.2020 antwortet ein Mitglied des Vorstandes auf die Mail des Bürgermeisters und verspricht eine Kontaktaufnahme durch Mitarbeiter der A1 im Lauf des 22.12.2020.

Bereits am Abend des 21.12.2020 erreicht ein A1-Mitarbeiter den Amtsleiter am Handy. Da das Gespräch aufgrund des schlechten Empfangs immer wieder abbricht vereinbart man eine Kontaktaufnahme per Festnetz am 22.12.2020.

Am 22.12.2020 sagt der Mitarbeiter der A1 zu, dass man sich um eine Notlösung bis zur Inbetriebnahme des neuen Senders bemühen werde. Weiters wird der Bürgermeister vom Vorstandssprecher der A1 kontaktiert, welcher ebenfalls mitteilt, dass man bereits an einer Notlösung arbeiten würde.

Am Abend des 22.12.2020 findet auf Einladung des Bürgermeisters eine Videokonferenz zwischen der Gemeinde, dem Vorstandssprecher der A1 und den bisherigen Bestandsgeberinnen des derzeitigen Standorts statt. In dieser Konferenz erläutern die Bestandsgeberinnen erneut die Chronologie der letzten beiden Jahre und bekräftigen die Bereitschaft, dass ein Weiterbetrieb am bisherigen Standort bis zur Inbetriebnahme des neuen Standorts möglich sei.

Der Vorstandssprecher der A1 entschuldigt sich für die Abschaltung ohne Vorwarnung, bedankt sich für die Bereitschaft der Eigentümerinnen und sagt die Aufstellung eines Notsendemastes für den 23.12.2020 zu. Dieser solle vorerst beim Standort der A1-Kopfstation an der Ahrerstraße aufgestellt werden. Aufgrund der zu erwartenden mangelhaften Netzabdeckung durch die topografische Lage soll dieser LKW so schnell wie möglich durch einen geländegängigen LKW ersetzt werden, welcher am bisherigen Standort bis zur Inbetriebnahme des neuen Senders eine Abdeckung des Gemeindegebiets gewährleisten soll.

Am 23.12.2020 umreißt der Vorstandssprecher kurz vor seinem Urlaubsantritt per Mail die weiteren Schritte bis zur Inbetriebnahme des neuen Mastes und geht von einer Fertigstellung im März 2021 aus. Auch habe er die Techniker des Notsendemastes angewiesen, die Empfangsqualität im Ort und den umliegenden Tälern nach der Inbetriebnahme der Notsendeanlage zu testen. Auch die Aufstellung eines geländegängigen Sendemastes ist in dieser Antwort noch Thema.

Im Lauf des Vormittags des 23.12.2020 wird der Notsendemast in der Ahrerstraße aufgestellt und um 13.00 Uhr in Betrieb genommen. Wie erwartet deckt dieser Mast bei weitem nicht alle Siedlungsgebiete der Gemeinde ab. Eine entsprechende Anfrage bei A1 wird am Abend des 23.12.2020 vom mittlerweile ebenfalls im Urlaub befindlichen Ansprechpartner der Gemeinde per Mail dahingehend beantwortet, dass die Aufstellung des Notsenders am bisherigen Standort des Sendemastes nicht möglich gewesen sei, da bereits am Vortag die Vorbereitungsarbeiten der technischen Infrastruktur an der Kopfstation begonnen wurden. Es werde nun geprüft, ob eine Verlegung des Notsendemastes an den bisherigen Standort des Mastes im Laufe des Jänners notwendig sei.

In dieser Stellungnahme wird vom A1-Mitarbeiter angedeutet, dass die Eigentümerinnen einer Aufstellung am ehemaligen Sendestandort möglicherweise nicht zustimmen würden, was nachweislich nicht der Fall ist. Auch mögliche Probleme bei der Leitungsanbindung werden ins Treffen geführt. Die Nutzung eines geländegängigen Notsenders sei nicht mehr geplant, vielmehr könnte es sein, dass der derzeitige LKW an den bisherigen Standort geschleppt werden würde. Dies alles müsse man aufseiten A1 noch prüfen.

Die Erstellung eines Prüfprotokolls der Sendequalität sei nicht erfolgt, man habe lediglich die Anlage selbst auf Funktion geprüft.

Abschließend wird erklärt, dass diese Lösung das Beste sei, was A1 in dieser Situation für die Gemeinde Stanz tun könne, immerhin seien viele Mitarbeiter der A1 nur für die Errichtung der Notversorgung aus dem Urlaub zurückgekehrt.

Auf Nachfrage der Gemeinde bei der ARGE aus A1 und Magenta, wie denn die bisherigen Fortschritte für die Inbetriebnahme der neuen Sendeanlage aussehen würden wird erklärt, dass durch die Corona-Pandemie der Zeitplan zur Errichtung der Anlage verzögert wurde. Statische Gutachten hätten Monate gedauert, man habe sich nicht zu Besprechungen treffen können und die technischen Komponenten, die am neuen Mast zum Einsatz kommen sollen, müssten vermutlich erst bestellt werden. Der Mitarbeiter der ARGE sei jedenfalls nur für die Planung zuständig. Die Baueinreichung einen Tag vor der Abschaltung der alten Anlage habe man nur der Vollständigkeit halber durchgeführt, dass eine Bewilligung durch die Baubehörde nicht nötig sei, habe man gewusst. Als realistische Schätzung eines Zeitrahmens bis zur Inbetriebnahme gibt der Mitarbeiter der ARGE März 2021 an.

 

Fazit:

A1 weiß seit zwei Jahren, dass ein neuer Standort gefunden werden muss. Hinweise auf ein rechtzeitiges Handeln vonseiten der A1 liegen nicht vor.

Am 17.12.2020 wird der bisherige Sender ohne Vorwarnung einfach abgeschaltet. Ohne Urgenz der Gemeinde und der Landeswarnzentrale wäre bis zur Inbetriebnahme am neuen Standort (frühestens Ende 1.Quartal 2021) keinerlei A1-Empfang (Mobiltelefonie und mobiles Internet) möglich gewesen. Weder die Gemeinde noch die vielen Kunden der A1 wurden über diesen Umstand im Vorfeld informiert. Das Erstaunen des A1-Mitarbeiters, der sich persönlich von der Demontage der Anlage überzeugte, spricht sogar dafür, dass dieser Umstand auch konzernintern nicht bekannt war. Eine Hand weiß offensichtlich nicht, was die andere tut.

Der Ausfall des Handynetzes in weiten Teilen der Gemeinde kurz vor Weihnachten unter den Bedingungen eines Lockdowns, Home-Office und Fernunterricht wurde von A1 wissentlich herbeigeführt und die Auswirkungen in Kauf genommen.

Eine Beurteilung, ob A1 durch die absichtliche Abschaltung seiner Kunden im Gemeindegebiet vertragsbrüchig und schadensersatzpflichtig geworden ist, ist laut Auskunft der Gemeinde bei der RTR im Einzelfall zivilrechtlich zu prüfen. Antworten darauf habe möglicherweise auch der Konsumentenschutz der AK, bzw. die WKO für Gewerbetreibende.

Der Tenor der A1, dass die Gemeinde und die vielen Kunden doch bitte froh sein sollen, dass man vonseiten der A1 so rasch eine Notlösung realisiert habe, ist Zynismus.

Angeblichen Stellungnahmen der A1-Service-Hotline-Mitarbeiter*innen gegenüber Stanzer A1-Kunden, dass A1 derzeit mit der Gemeinde Stanz in Verhandlungen stehen würde, wird vehement widersprochen.

Verhandlungen sind nicht nötig – worüber auch. Eine sofortige Wiederherstellung der bisherigen Netzabdeckung und eine Wiedergutmachung und Entschuldigung bei den vielen A1-Kund*innen, der Gemeinde und den bisherigen Bestandsgeberinnen wäre sehr wohl nötig.